Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt als Brücke zur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung

Mit dem ESF-Bundesprogramm wird sehr arbeitsmarktfernen Personen eine Teilhabe am Arbeitsleben ermöglicht, um deren Chancen auf Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt zu verbessern. Monika Piekarski und Iris Weber haben sich für diesen Weg entschieden und gehören seit Juni 2017 zum Team einer Kindertagestätte der Arbeiterwohlfahrt in Euskirchen. Seither hat sich im Leben der Beiden einiges zum Positiven verändert.

 
Kreis Euskirchen. Mehl, Zucker, Eier und andere Zutaten werden gerade von vielen kleinen und zwei großen Händen kräftig durchgeknetet. „Wir backen,“ steht heute auf dem Tagesplan von Monika Piekarksi. Die 30-Jährige ist seit Juni 2017 im Rahmen des ESF-Bundesprogramms „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ als Mitarbeiterin in einer AWO Kindertagesstätte in Euskirchen beschäftigt. „Eigentlich hatte ich immer nur an eine Tätigkeit in einem Büro gedacht“, berichtet die alleinerziehende Mutter.


„Mir ist nie in den Sinn gekommen mit Kindern zu arbeiten.“ Gerade erst hat die Mutter eines 11-jährigen Sohnes in einer Eins-zu-eins-Betreuung Laternen mit den Kindern gebastelt und sich selbst mit ihrem Können überrascht. „Ich bin eigentlich gar kein Basteltyp und vor ein paar Monaten hätte ich mir eine solche Aktion nicht zugetraut.“ Heute weiß die Euskirchenerin, die ihre Arbeitszeit gerade von 20 auf 25 Stunden aufgestockt hat: „Ich kriege das hin!“


Jobcenter ebnet den Weg


Die Idee, sich über eine Tätigkeit in einer Kindertageseinrichtung dem Arbeitsmarkt anzunähern, wurde der Euskirchenerin von ihrer Integrationsfachkraft des Jobcenter EU-aktiv in Euskirchen ans Herz gelegt. Das ESF-Bundesprogramm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ richtet sich an Personen, die seit mindestens vier Jahren im SGB II-Leistungsbezug sind, mit mindestens einem minderjährigen Kind zusammenleben oder die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen Probleme habe, eine geeignete Beschäftigung zu finden. Dabei können die Teilnehmer zwischen 15, 20, 25 oder 30 Stunden wählen bzw. stufenweise einsteigen. Das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis läuft über einen Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber. Gefördert werden das tatsächlich gezahlte Bruttogehalt sowie der pauschalisierte Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung von 18,9 Prozent (ohne Arbeitslosenversicherung).


Ängste werden genommen


"Was machen Sie wenn ihr Kind krank ist, ist die erste Frage, die man als Mutter im Vorstellungsgespräch zu hören bekommt“, schildert Piekarksi ihre Erfahrungen bei der erfolglosen Jobsuche. Davon kann auch Iris Weber ein Lied singen. „Man macht sich schon auf dem Weg zum Vorstellungsgespräch verrückt, weil man genau weiß, dass man den Arbeitszeiten aufgrund der eigenen Kinderbetreuung nicht gerecht werden kann.“ Das Vorstellungsgespräch der 45-Jährige, das ihr nicht nur die Türen zur AWO Kindertagesstätte in Euskirchen sondern auch den Weg aus dem SGB II-Leistungsbezug öffnete, verlief hingegen ganz anders. „Ich bin gefragt worden, wann meine Kinder versorgt sind und zu welchen Zeiten ich arbeiten kann“, erzählt Weber. „Das Programm ist nach langer Arbeitslosigkeit ein guter Einstig ins Berufsleben, es werden einem viele Ängste genommen und man steht nicht so unter Druck“, ergänzt die alleinerziehende Mutter von drei Kindern. „Und die Arbeit hier macht viel mit einem. Man fängt klein an und verändert sich von Woche zu Woche“, berichtet die gebürtige Kölnerin, die gerade für die Kindergartenkinder ein Projekt vorbereitet. „Besonders das Feedback der Kinder gibt mir immer wieder das Gefühl, hier richtig zu sein.“


Stärkung der eigenen Ressourcen


Die positiven Veränderungen, die nicht nur Weber sondern auch Piekarski an sich selbst beobachten, bleiben auch bei anderen nicht unbemerkt. „Die Beiden sind in den vergangenen Wochen viel selbstbewusster geworden“, bestätigt Silva Poschen, stellvertretende Einrichtungsleitung. Eine Tatsache, die sich für Piekarski und Weber auch im privaten Bereich bemerkbar macht. „Im eigenen Umfeld zu erzählen, arbeiten zu gehen, macht stolz und unsere Kinder gleich mit.“
 

„Das Programm Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt ist nicht nur eine gute Möglichkeit, einen Einstieg in das Berufsleben zu erhalten“, findet Elke Baum. „Letztlich profitieren viele Seiten davon. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer setzen sich für Menschen ein, gewinnen Interesse und Spaß an der Arbeit mit Kindern und können gegebenenfalls eine Ausbildung anschließen. Die Kinder erfahren durch individuelle und zusätzliche Projekte weitere Einblicke in unterschiedliche Bereiche wie Kultur, Sport, Kunst, Theater oder Natur und können die Inhalte gemeinsam erarbeiten und intensiv erleben. Und auch die Erzieherinnen erhalten tatkräftige Unterstützung, wenn zum Beispiel durch die zusätzlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfangreichere Eins-zu-eins-Betreuungen möglich werden“, ergänzt die Fachgruppenleiterin, die für die Koordination der Einsatzstellen im Kreis Euskirchen und die Antragstellung für den AWO Regionalverband Rhein-Erft & Euskirchen e. V. verantwortlich ist.


Austausch und Reflexion


„Das Projekt Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert. Es handelt sich um Arbeitsplätze, die zusätzlich und wettbewerbsneutral sind und im öffentlichen Interesse liegen“, erläutert Josef Weingarten weitere Eckdaten. „Die Teilnahme ist für unsere Kundinnen und Kunden freiwillig. Für eine zielgerichtete Integration finden während der Teilnahme am Programm begleitende Maßnahmen statt. Dazu gehören regelmäßige Reflexionstermine, die die Chancen der teilnehmenden Personen auf eine ungeförderte Beschäftigung erhöhen sollen“, so der Geschäftsführer des Jobcenter EU – aktiv weiter.


„Die monatlichen Treffen dienen dazu, die praktischen Erfahrungen mit theoretischen Kenntnissen zu hinterlegen“, berichtet Alexandra Zinati-Feld, die als Mitarbeiterin der Abteilung Jugend und Familie den regelmäßigen Austausch bisher leitete. „Die Erfahrung zeigt, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr interessiert pädagogische Hintergründe und Ansätze diskutieren. Dabei knüpfen sie Verbindungen zu in den Einrichtungen erlebten Situationen, aber auch zu ihrem Umgang mit ihren eigenen Kindern, was sich nach eigener Aussage positiv auf ihr Erziehungsverhalten auswirkt.“


Stärkung auf ganzer Linie


Das bestätigen Weber und Piekarski: „Wir waren erstaunt darüber, wie konsequent in der Kita Regeln eingehalten werden. Nein ist nein, ja ist ja und es gibt Aufgaben, die müssen einfach gemacht werden.“


Das wirft auch einen neuen Blick auf das eigene Bild als Mutter. „Als Mama lässt man sich viel leichter um den Finger wickeln“, verrät Weber und Piekarski ergänzt, dass sie nun im Umgang mit ihrem Sohn viel mehr Ruhe und Geduld aufbringe. „In den regelmäßigen Treffen werden wir auch darin gestärkt, unsere Anliegen bei Vorgesetzten anzusprechen und nicht zu denken, wir sind unwichtig oder weniger wert als die Fachkräfte“, teilt Weber mit. „Immer wieder wird deutlich, dass die täglichen Aufgaben und die soziale und fachliche Integration in einem Team das Gefühl der Selbstwirksamkeit der Beteiligten fördert. Themen wie Gesprächsführung, Kommunikation und Kollegialität sind regelmäßige Bestandteile der Reflexionstreffen“, untermauert Zinati-Feld die Aussage.


Blick in die Zukunft


Eine große Sorgefalte bleibt Weber und Piekarski dennoch ins Gesicht geschrieben. „Das Programm endet am 31.12.2018 und wir machen uns Gedanken, wie es danach weiter geht“, gestehen die Beiden unumwunden. „Ehe man sich versieht ist man wieder Kunde beim Jobcenter und Hartz IV-Empfänger“, formulieren die Alleinerziehenden ihre Ängste vor der Zukunft. Weingarten schaut an diesem Punkt optimistisch nach vorne. „Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Sozialen Teilhabe am Arbeitsmarkt bringen ganz unterschiedlich Voraussetzungen z. B. in Bezug auf Schulbildung mit. Wir haben bereits begonnen, geeignete Anschlussangebote als Perspektiven zu erarbeiten, um einen lückenlosen Übergang zu ermöglichen.“


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